In Gesprächen mit Netzbetreibern hören wir immer wieder denselben Satz: „Wir haben die Daten – aber sie sitzen in fünf verschiedenen Systemen.“

GIS, ERP, Leitsystem, CRM – jedes System kennt nur einen Ausschnitt der Realität. Und sobald es darum geht, das Netz als Ganzes zu verstehen, stößt man schnell an Grenzen. Manche beschreiben es wie ein Puzzle mit Teilen aus unterschiedlichen Kartons: nichts passt richtig zusammen.

Genau da setzt der digitale Zwilling der Netze an. Er bringt zusammen, was im Alltag oft getrennt ist: Netzstruktur, Betriebsmittel, Lastdaten, Messwerte – alles in einem durchgängig rechenfähigen Modell, das Simulationen und Analysen möglich macht. Kein Flickenteppich mehr, sondern ein konsistentes Netzabbild, das täglich aktualisiert wird.

Mit dieser Grundlage werden viele digitale Prozesse erst greifbar – in der Netzplanung, im Betrieb oder im Asset Management. Denn ohne ein gemeinsames Netzverständnis bleibt jede Optimierung Stückwerk.

Und genau dieses gemeinsame Verständnis ist es, was in unseren Projekten den entscheidenden Unterschied macht.

Wie entsteht der digitale Zwilling bei envelio?

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Im Zentrum steht der GridHub – die Plattform, über die alle Netzdaten systemübergreifend zusammengeführt, bereinigt und zu einem rechenfähigen Netzmodell verarbeitet werden.

Dabei handelt es sich nicht um ein starres Datenrepository, sondern um eine aktive, synchronisierte Umgebung, die bei Veränderungen in den Quellsystemen kontinuierlich aktualisiert wird.

Alle Applikationen der Intelligent Grid Platform greifen auf genau dieses Modell zu – konsistent, versionssicher und zentral verwaltet.

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Für ein möglichst genaues Abbild des Netzes braucht der GridHub detaillierte Informationen, die helfen zu verstehen, was im Netz passiert. Ganz konkret sind das:

  • Netztopologie und Geo-Daten – einschließlich Normalschaltzuständen und Netzverläufen
  • Betriebsmittelbezogene Daten wie Standort, Typ, Leistung und Stromtragfähigkeit von Leitungen, Stationen und Transformatoren
  • Informationen über Netzteilnehmer wie PV-Anlagen, Ladesäulen oder Wärmepumpen – inklusive deren technischer Parameter und Anschlussdetails

Diese Daten müssen also aus verschiedenen Quellsystemen wie GIS, ERP, Betriebsmittelinformationssystemen (BIS), CRM- oder Smart-Meter-Plattformen im GridHub zusammenkommen.

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Damit der digitale Zwilling aktuell bleibt, müssen Daten regelmäßig und zuverlässig aus den Quellsystemen eingespeist werden. Standardisierte Formate wie CIM oder CGMES sollen dabei helfen – doch in der Praxis zeigt sich: es sind eher Richtlinien als verbindliche Standards. Dies verhindert oft einen echten Plug-and-Play-Austausch.

Deshalb setzen wir bei envelio auf einen anderen Ansatz: Mit unserem Data Shipper Framework integrieren wir die Quellsysteme über standardisierte, wiederverwendbare Module, die für jeden Kunden individuell angepasst werden. So entsteht ein stabiler, nachvollziehbarer Integrationsprozess – ohne dass Daten im Vorfeld manuell aufbereitet werden müssen.

Wir übernehmen die komplette Umsetzung: vom Aufbau der Schnittstelle über die Datenverarbeitung bis zur Übergabe an die IGP. Alles, was der Netzbetreiber tun muss, ist: den Zugriff auf die Daten ermöglichen – in beliebigem Format.

Dank dieser Struktur haben wir bereits mehr als 60 verschiedene Softwaresysteme erfolgreich angebunden, darunter GIS-, ERP- und Leitsysteme sowie Plattformen und Tools von Anbietern wie Mettenmeier, Lovion, Smallworld, SPIE oder Smight.

Das Ergebnis: Ein zuverlässiger, skalierbarer Datenfluss – automatisiert, transparent und auf Ihren Bedarf abgestimmt.

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Ob ein Netzmodell verlässlich ist, zeigt sich oft erst im Gesamtbild. Einzelne Datensätze mögen korrekt erscheinen – doch viele Fehler treten erst zutage, wenn alle Informationen im digitalen Zwilling zusammengeführt werden.

Deshalb setzen wir bei envelio auf zwei Stufen der Qualitätsprüfung:

1. Einzelprüfungen vor der Modellbildung

Unsere IGP analysiert jeden Datensatz auf Vollständigkeit und Plausibilität. Unstimmigkeiten wie unrealistische Trafokapazitäten oder fehlende Pflichtfelder werden automatisch erkannt und markiert – viele davon lassen sich direkt systemseitig korrigieren.

2. Validierung des vollständigen Netzmodells

Sobald die Daten verschmolzen sind, prüfen wir die Struktur des Netzes: Sind alle Bereiche korrekt verschaltet? Gibt es offene Enden oder fehlende Verbindungen? Auch hier greifen automatisierte Prüfungen – etwa über Netzverfolgung und Lastflusssimulation. Letztere hilft dabei, kritische Fehler wie nicht konvergierende Netze oder unrealistische Auslastungen systematisch aufzudecken.

Fehler werden dabei nicht nur erfasst, sondern auch dokumentiert – und bei jedem neuen Datenimport erneut überprüft. Das ermöglicht eine gezielte Korrektur direkt im Quellsystem, von der auch andere Systeme außerhalb der IGP profitieren.

Auch Reservierungen für geplante Anlagen lassen sich dabei berücksichtigen – so bleibt das Modell stets nah am tatsächlichen Netzzustand.

Daten aus GIS, Netzberechnung und SCADA – aber keine gemeinsame Sicht?
Unser digitaler Zwilling bringt alles auf eine Plattform. Für konsistente Planung, sicheren Betrieb und schnelle Entscheidungen.

Und so wird aus Daten ein Werkzeug

Ein digitaler Zwilling ist kein Selbstzweck. Er entfaltet seinen vollen Wert, wenn er die Basis bildet für konkrete Prozesse und Anwendungen – von der strategischen Planung bis zum operativen Betrieb.

Netzstudien und Zielnetzplanung

Ein vollständiges, rechenfähiges Netzmodell ist die Voraussetzung, um Szenarien realitätsnah zu simulieren, kritische Netzbereiche frühzeitig zu erkennen und Investitionen effizient zu steuern.

→ Mehr erfahren

Automatisierte Anschlussprüfung

Ob PV, Wallbox oder Wärmepumpe: Neue Anfragen lassen sich direkt im digitalen Zwilling technisch bewerten – schnell, regelkonform und ohne unnötigen manuellen Aufwand.

→ Zur Lösung

Steuerung nach §14a EnWG

Gezielte Dimmmaßnahmen setzen voraus, dass Netzbelastungen und Schaltzustände bekannt sind. Der digitale Zwilling bildet die Basis für automatisierte, diskriminierungsfreie Steuerungsprozesse.

→ Mehr zur Umsetzung

Netzmonitoring und Zustandsermittlung

Mit aktuellen Messdaten angereichert wird der digitale Zwilling zur operativen Entscheidungsgrundlage – ob bei Schaltvorgängen, Wartungsplanung oder der Erkennung von Netzengpässen.

→ Online Monitoring entdecken

Der PlanOps-Ansatz: Planung + Operations

Wenn Netzplanung, -betrieb und Asset Management auf dasselbe Modell zugreifen, entstehen abgestimmte Prozesse, kürzere Reaktionszeiten und ein integriertes Netzmanagement.

→ Zum Use Case

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Reservierungsmanagement für geplante Projekte

Netzbetreiber müssen Netzkapazitäten oft schon dann einplanen, wenn neue Anlagen noch gar nicht gebaut sind. Genau dabei lässt sich der digitale Zwilling von envelio gezielt unterstützen.

Genehmigte, aber noch nicht realisierte Anschlussprojekte können als eigener Layer im Modell hinterlegt werden – genauso wie geplante Ausbaumaßnahmen. Statt in parallelen Tools gepflegt zu werden, fließen Reservierungen und geplante Maßnahmen so direkt ins Modell – dorthin, wo sie auch bei anderen Projekten direkt berücksichtigt werden können.

Das schafft Überblick, verhindert doppelte Reservierungen und macht das Netzmodell zu einem Werkzeug, mit dem sich auch vorausschauend planen lässt.

Sie möchten mehr dazu wissen?

Gerne besprechen wir mit Ihnen, wie ein digitales Netzmodell auch in Ihrer Systemlandschaft funktionieren kann – basierend auf Ihren aktuellen Strukturen und Herausforderungen.

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Ihr Kontakt

Dr. Tobias Falke
VP Global Sales & Marketing

Tobias Falke envelio