§ 14d EnWG und die Zukunft der Netzausbauplanung: Warum Netzbetreiber jetzt handeln müssen

Das Stromnetz verändert sich stetig: Photovoltaik auf dem Dach, Wärmepumpe im Keller, E-Auto vor der Tür und vieles mehr. Für Verteilnetzbetreiber heißt das: höhere Einspeisung, steigende Last und mehr Dynamik im Netz. Gleichzeitig wächst die Zahl der technischen Ausbauoptionen, um diese Entwicklungen zu bewältigen. 

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Mehr Szenarien, mehr Möglichkeiten, aber auch mehr Komplexität

Im Mittelspannungsnetz steigt der Netzausbaubedarf kontinuierlich. Klassische, manuelle Planungsverfahren stoßen hier an Grenzen: Sie sind zeitintensiv und können die Vielzahl an möglichen Zukunftsszenarien und Handlungsoptionen kaum noch abbilden. 

§ 14d des Energiewirtschaftsgesetzes verpflichtet Netzbetreiber zu einer vorausschauenden Netzausbauplanung (NAP). So wird verbindlich geregelt, dass Verteilnetzbetreiber einen Netzausbauplan erstellen müssen, sofern sie mehr als 100.000 unmittelbar oder mittelbar angeschlossene Kunden haben. Betreiber sind dann verpflichtet, alle zwei Jahre einen Netzausbauplan bei der zuständigen Regulierungsbehörde vorzulegen. Zudem gilt die Verpflichtung auch für Netzbetreiber, die in den vorangegangenen zwei Jahren die technisch mögliche Stromerzeugung aus Windenergie oder Photovoltaik um mehr als 3 % eigenverantwortlich gekürzt haben.

Das bedeutet: Bedarf früh erkennen, Einsatz von Flexibilitäten prüfen, Planungsprozesse systematisch optimieren, um schließlich aus den Möglichkeiten jene Maßnahmen auszuwählen, die technisch umsetzbar, wirtschaftlich tragfähig und gesetzeskonform sind.
 

 

Die Herausforderung: Aus unzähligen Möglichkeiten die richtigen auswählen

Neben den klassischen Gründen für Netzausbau, wie beispielsweise dem Ersatz alter oder defekter Betriebsmittel oder der vermehrten Entstehung von Neubaugebieten, prägt auch die Zunahme von deutlich mehr Lasten und Erzeugern die Zielnetzplanung. Das steigert nicht nur die Komplexität, sondern führt mitunter auch zu einer Überlastung von Betriebsmitteln, die eigentlich noch nicht das Ende ihrer Nutzungsdauer erreicht hätten. Eine moderne Zielnetzplanung muss somit heute deutlich mehr abwägen als nur „neue Leitung ja oder nein“. Je nach Netzgebiet, Versorgungsaufgabe und Szenario stehen Dutzende, teils kombinierbare Maßnahmen zur Wahl:

  • Verstärkung bestehender Betriebsmittel, z. B. Transformatortausch, Leitungsverstärkung
  • Netzumstrukturierungen, etwa Verlagerung von Trennstellen oder Umstrukturierung ganzer Stränge
  • Netzausbau, d.h. zusätzliche Stationen, neue Trassen
  • Einsatz moderner Technologien, bspw. regelbarer Ortsnetztransformatoren (rONTs), Längsregler, Batteriespeicher
  • Flexibilitätsoptionen, wie gezielte Steuerung von Lasten und Erzeugern 

Die Vielzahl an Kombinationen, Standorten und Zeitpunkten führt zu einer hohen Variantenvielfalt – und macht eine fundierte Auswahl anspruchsvoll. Daran geknüpft sind zahlreiche Rahmenbedingungen, die ebenfalls berücksichtigt werden müssen, beispielsweise die Flächenverfügbarkeit für neue Umspannwerke, bereits fest eingeplante Netzausbaumaßnahmen oder Ressourcenverfügbarkeit von Budget und Personal zur Umsetzung.

 

Warum jetzt für Verteilnetzbetreiber Handlungsbedarf besteht 

Wer § 14d EnWG mit klassischen Mitteln umsetzt, riskiert lange Planungszyklen und verpasste Chancen, denn der Prozess erfordert ein hohes Maß an manuellem Input. Auch können klassische Tools die Komplexität der verschiedenen Maßnahmen und deren Wechselwirkungen nicht korrekt abbilden. Die Folge: Rechnungen werden zu stark vereinfacht oder viel zusätzliches Personal ist nötig, um eine korrekte Berechnung zu gewährleisten.  

Eine automatisierte, datenbasierte Vorgehensweise ermöglicht hingegen: 

  • Systematische Bewertung aller denkbaren Maßnahmenkombinationen statt einer Handvoll manuell vorgeprüfter Varianten 
  • Optimierung anhand klar definierter Kriterien – z. B. technische Zielgrößen, Wirtschaftlichkeit, NO(X)VA-Prinzip 
  • Simulation über verschiedene Zieljahre und Szenarien hinweg, um robuste Entscheidungen zu treffen 
  • Priorisierung und zeitliche Staffelung von Maßnahmen für eine realistische Umsetzungsplanung   

 

Automatisierte Zielnetzplanung in der Praxis 

Moderne Lösungen wie die Intelligent Grid Platform von envelio kombinieren Netzsimulation, Szenarioanalysen und Optimierungsalgorithmen, um Planungsentscheidungen effizient und transparent zu gestalten: 

  • Integration aller Netzdaten in ein aktuelles, rechenfähiges Modell des gesamten Netzes 
  • Automatisierte Erzeugung und Bewertung tausender Zielnetzvarianten zur Ermittlung der besten Maßnahmenkombination 
  • Visualisierung und Vergleich von Varianten, um nachvollziehbare Entscheidungen zu ermöglichen 
  • Direkte Einbindung in operative Planungs- und Umsetzungsprozesse 

So wird mühsame Pflicht zu einem echten Wettbewerbsvorteil: Netzbetreiber können den technisch und wirtschaftlich besten Ausbaupfad wählen und bleiben dabei flexibel für neue Entwicklungen.